08. Mai 2015
Treffen mit dem MWI-Alumni Père Abdon Rafidison


Seminaristen

Père A. Rafidison

Antananarivo, 21. Januar 2014

Um 14.00 Uhr bin ich an diesem heißen Nachmittag mit Père Abdon Rafidison im Priesterseminar St. Thérèse de l’Enfant Jésus Faliarivo verabredet. Wir halten vor einem großen Gebäude im Kolonialstil mit Innenhof, ich laufe eine Art Kreuzgang entlang und spreche den ersten Seminaristen an, ich hätte eine Verabredung mit Pater Rektor. Kurze Zeit später kommt mir Abdon in Freizeithose, T-Shirt und einem Handtuch um den Hals entgegen. Er begrüßt mich herzlich und sagt entschuldigend, er sei gerade beim Basketballspiel mit den "Jungs" gewesen. Wir gehen in sein Büro – hohe Räume, einfacher Holzschreibtisch, eine Ledersesselgarnitur. Nach kurzer Erinnerung an unsere Begegnungen in Rom bei den Stipendiatentreffen entspinnt sich folgendes Gespräch:

Abdon, kannst Du mir etwas zu dem Gebäude und dem Zweck des Gebäudes sagen?

Das Gebäude, in dem wir hier sitzen, wurde 1953 als Kleines Seminar gebaut. Nach der Dezentralisierung der Priesterseminare 1986 wurde es das theologische Seminar der vier Diözesen der Kirchenprovinz Antananarivo. Für 55 Seminaristen gibt es ein fünfköpfiges Ausbilderteam (Rektor, Studienpräfekt, zwei Spirituale, Ökonom). 26 Gastprofessoren gewährleisten das vierjährige Studienprogramm. 95 % der Seminaristen führen ihre Ausbildung auch zu Ende, da die Frage der priesterlichen Berufung meist schon in einer früheren Ausbildungsphase geklärt wurde.

Worauf kommt es Dir als Regens in der Ausbildung besonders an?

Die Ausbildung soll die Seminaristen zu kompetenten Persönlichkeiten machen, die Christus lieben. Das ist wichtiger als die Frage, ob sie Priester werden. In Madagaskar machen vielen jungen Leute Universitätsstudien, mit denen müssen die Priester reden und zusammenarbeiten können. Es geht mir darum, dass sie Eigeninitiative entwickeln, sich in verschiedenen Bereichen weiterbilden, ihre persönliche Lektüre und Forschung pflegen – deshalb ist auch der Zugang zur Universitätsbibliothek oben auf dem Hügel so wichtig. Sie sollen hier auch eine ausgewogene Alltagsgestaltung lernen: zwei Drittel der Zeit sollen sie sich der theologischen und spirituellen Ausbildung widmen, ein Drittel mit physischen Arbeiten und Sport verbringen.

Was siehst du als größte aktuelle Herausforderung für Euch und die Kirche in Madagaskar an?

Unsere Schwäche liegt in der mangelnden Kommunikation. Wir führen ein Inseldasein. Ich unterrichte Kirchengeschichte und blicke damit über den Tellerrand unserer Ortskirche hinaus. Das geschieht noch viel zu wenig: der Blick über die persönlichen Interessen hinaus. Ich möchte Interesse und Neugier wecken.

Welche Rolle spielte für Dich Dein Promotionsstudium im Fach Kirchengeschichte an der Gregoriana in Rom, finanziert mit einem Stipendium des MWI?

Rom war für mich die Eröffnung neuer Horizonte – ich habe so viele neue Dinge kennen gelernt. Ich habe Kirchengeschichte im Herzen der Kirche studiert. Obwohl ich mich mit dem Leben in Rom schwer getan habe, war es seine sehr reiche Erfahrung. Ich habe so viel, auch über das Stipendium hinaus, geschenkt bekommen – davon möchte ich etwas meinen Seminaristen weitergeben.

Abdon, ich wünsche Dir weiterhin alles Gute, eine glückliche Hand und Gottes Segen!

Marco Moerschbacher