12. September 2013
P. Roger Akhrass berichtet über die Lage seiner Wahlheimat Maalula/ #Syrien


P. Roger Akhrass

Über P. Roger Akhrass:
P. Roger Akhrass stammt aus Sarba, aus dem Libanon. Er gehört der Gemeinschaft des Klosters Saint Ephrem, in Maarat Saydnaya in Syrien an. Seit 2002 ist er Mönch und seit 2004 Pfarrer in der syrisch orthodoxen Kirche von Antiochia. Zwischen 2005 und 2010 hat er Theologie im Seminar Saint Ephrem in Syrien gelehrt. Seit 2010 unterstützt das MWI seine Doktorstudien. Im Juni 2013 hat er seine Doktorarbeit in Patristik im Katholischen Institut von Paris (Institut Catholique de Paris) begonnen. Nach seinem Abschluss soll er nach Syrien zurückkehren, um dort zu lehren.

 

 

«Wir haben gehört, dass die Stadt Maalula vor kurzem angegriffen wurde. Welche Bedeutung hat Maalula für die Christen heute?»

Maalula ist ein syrisches Dorf etwa 50 km nördlich von Damaskus. Bekannt ist es in erster Linie für die aramäische Sprache (genauer: ein neuwestaramäischer Dialekt), die seine Bewohner sprechen: Bei den Einwohnern handelt es sich sowohl um Christen als auch um sunnitische Muslime. Letztere stellen ein Drittel der Dorfbevölkerung dar. Die aramäische Sprache wird ebenfalls in den beiden Nachbardörfern Bakh’a und Jaba’din gesprochen. Außerdem ist Maalula bekannt für seine zahlreichen historischen, christlichen Stätten, die teilweise noch aus der Antike stammen, wie zum Beispiel das griechisch-orthodoxe Kloster Mar Thekla. Mar Thekla ist eine Prinzessin der Seleukiden. Zudem gibt es ein antikes griechisch-katholisches Kloster, welches den Märtyrern Sarkis (Sergius) und Bacchus geweiht ist. Sie sind römische Heilige des Orients, die am 7. Oktober gefeiert werden.

Des weiteren gibt es im Ort Höhlenbehausungen, die aus den ersten Jahrzehnten des Christentums stammen.

Im Nahen Orient ist das Dorf für seine Frömmigkeit und seine besondere Feierlichkeit bekannt, mit der es jedes Jahr am 14. September das Fest der Kreuzerhöhung begeht. Dann werden große Feuer auf den Hügeln entfacht und Bewohner und Gäste werden eingeladen, sowohl Christen als auch Muslime, um an den großen Abendessen teilzunehmen, die nach den religiösen Zeremonien stattfinden.

Für die Christen aus Syrien ist Maalula ein Symbol und ein Hauptort des syrischen Christentums.

«Wer sind die Christen, die dort wohnen? Wieviele sind es heute?»

Die Christen, die dort wohnen, gehören zwei christlichen Hauptkonfessionen an: griechisch-orthodox und griechisch-katholisch. Aufgrund der Angriffe, die seit Mittwoch, den 11. September im Ort stattgefunden haben, sind alle Einwohner von Maalula nach Damaskus geflohen. Es blieben nur noch die Schwestern des Klosters Mar Thekla mit den Waisenkindern, die sie betreuen, zurück, sowie einige alte Leute, die dort Zuflucht suchten.

«Sie haben Freunde und Mitbrüder, die dort wohnen. Haben Sie zu Ihnen Kontakt? Was sagen sie über die aktuelle Situation?»

Es stimmt, ich habe Freunde und Mitbrüder in Maarat Saydnaya, einem Dorf 25 km nördlich von Damaskus, etwa 30 km von Maalula. Mit ihnen habe ich Kontakt, noch sind sie in Sicherheit, aber die Rebellen und die Islamisten sind nicht weit weg. Es herrscht natürlich Besorgnis, aber noch keine Angst.

Die Situation in Maalula ist folgende: die syrische Armee hat das Dorf eingenommen. Die bewaffneten Banden haben sich in die Höhlen zurückgezogen, die sich auf den umliegenden Hügeln befinden und von dort aus schießen sie auf die syrische Armee. Diese versucht, sie in ihren Verstecken aufzuspüren und zu jagen.

«Bald haben Sie Ihre Doktorarbeit beendet und es war vorgesehen, dass Sie nach Maalula zurückkehren, um dort zu lehren. Was wird aus Ihren Plänen und denen Ihres Bischofs?»

Es stimmt, es war vorgesehen, dass ich an das Seminar Saint Ephrem in Maarat Saydnaya zurückkehre, um dort zu lehren. Aufgrund der unsicheren und instabilen Lage, hat das Seminar das virtuelle Lehrsystem, das „e-learning“ weiterentwickelt. So werde ich unseren Seminaristen die Lehre über das Neue Testament via dieses Kommunikationsmedium vom Libanon aus näherbringen. Mehrere Kurse werden mit Hilfe dieses Mediums gelehrt, bis sich die Situation wieder beruhigt hat.

Wir wissen nicht, ob dieses System so funktionieren wird, wie wir es wünschen, da wir nicht wissen, ob das Internet in Syrien weiter funktionieren wird. Jedenfalls werden wir versuchen, unser Bestes zu geben. Besonders, weil der Patriarch nicht die Absicht hat, unter den momentanen Bedingungen, das Seminar aus Syrien zum Beispiel in den Libanon zu verlegen.

Ich möchte mich beim Missionswissenschaftlichen Institut Missio für alles, was es für die Christen des Nahes Ostens bereits geleistet hat und noch leisten wird, bedanken.

Union de prière,

P. Roger Akhrass

 

Das MWI bedankt sich für Ihre Stellungnahme!