05. April 2017
Gründung der Missionsbibliothek in Aachen vor 100 Jahren


Generalsekretariat FXMV

Die Weltmission, Ausgabe 1917

Die Weltmission, Spendenaufruf Missionsbibliothek

Besitzstandsstempel FXMV

Bibliothekar Dr. Baeumker

Karteikarte Missionskartei, Vorderseite

Karteikarte Missionskartei, Rückseite

Lichtbild Christliche Kunst

Bibliographie Josée Ngalula

Vor 100 Jahren herrschte, trotz der bedrückenden Lage durch den Weltkrieg, Aufbruchstimmung in der Aachener Zentrale des Franziskus-Xaverius-Missionsvereins am Klosterplatz 8. Der Missionsverein bedurfte dringend einer Neuorganisation, die Zentrale in Aachen sollte gestärkt, aus dem reinen "Sammelverein" ein großer "Aktionsverein" werden.

Erste wichtige Neuerungen waren die Herausgabe einer neuen, eigenen Vereinszeitschrift "Die Weltmission der katholischen Kirche" ab Januar 1917 und die Einrichtung eines Generalsekretariats zum 15. April 1917 mit Dr. Peter Josef Louis (1886-1956) als ersten hauptamtlichen Generalsekretär.

Gleichzeitig mit der Ernennung des Generalsekretariates wurde die Einrichtung einer Missionsbibliothek an der Aachener Zentrale beschlossen. 1917 heißt es dazu in der Juli-Ausgabe der "Weltmission der katholische Kirche": "Als erste Notwendigkeit [für den gewünschten Ausbau der Zentrale in Aachen] erwies sich die Einrichtung einer Missionsbibliothek, die allen missionswissenschaftlichen und missionspraktischen Bedürfnissen der Mitglieder, insbesondere des hochw.[ürdigen] Klerus entsprechen soll. Sie wird alle wichtigen Missionswerke und -zeitschriften enthalten." Der Ankündigung folgt sogleich die Bitte um Unterstützung: "Die katholischen Verleger, die hochwürdige Geistlichkeit sowie alle, die sich für diese wichtige Abteilung unserer Zentrale interessieren, werden um gütige Spenden an Büchern oder Geld herzlichst gebeten".

Dieser Aufruf war offensichtlich erfolgreich, wie Dr. Louis auf der Generalversammlung des Franziskus-Xaverius-Missionsvereins 1918 in Fulda berichtet: "Der Vorstand warf nur eine kleine Summe aus für die unbedingt notwendigen Handbücher, die Missionsorden und Genossenschaften sandten große Reihen ihrer Zeitschriften und Veröffentlichungen ein, weitere Anschaffungen erleichterte eine hochherzige Spende des Herrn Verlegers Oskar Kühlen, der für Bibliothekszwecke sämtliche noch notwendige Mittel zur Verfügung stellte." Auch aus München gab es Unterstützung: "Der Direktor des Ludwig-Missionsvereins, Prälat Kirchberger, schenkte 64 Bände der bayerischen 'Annalen'". Die Bände stehen noch heute in der Bibliothek in Aachen.

Der Generalsekretär Louis resümiert bereits 1918: "Die Benutzung dieser Bibliothek seitens aller interessierten Kreise, vor allem des Pfarrklerus der verschiedensten Gegenden, rechtfertigt ihre Existenz." Im Jahresbericht 1918 wird für die neu gegründete Missionsbibliothek ein Bestand von 2.000 Bänden angegeben. "Durch zahlreiche Schenkungen und systematische Einstellungen (nicht aus Mitgliedsbeiträgen) ist eine stattliche Bibliothek zustande gekommen, die Herr Dr. theol. Franz Baeumker verwaltet. Die Bibliothek enthält den größten Teil der katholischen Missionsliteratur der letzten Jahrzehnte und zahlreiche protestantische Missionswerke, ferner Bücher und Schriften der Grenzgebiete, wie Kolonialwissenschaft, Geografie und Ethnologie, sowie die Missionszeitschriften, darunter auch viele ausländische", stellt Dr. Louis dann 7 Jahre später fest.

Mit der Einstellung von Dr. theol. Franz Baeumker (1884-1975) am 1. April 1920 als Bibliothekar und Archivar des Franziskus-Xaverius-Missionsvereins wurde der Grundstein für den systematischen Auf- und Ausbau der Missionsbibliothek gelegt. Dr. Baeumker war vorher 12 Jahre lang als Bibliothekar am Erzbischöflichen Priesterseminar in Köln tätig gewesen. Ein erster Katalog der Bibliothek wurde "in den fünf Monaten nach der Novemberrevolution 1918" erstellt, von Dr. Baeumker aber komplett überarbeitet und erweitert; so gab es in Form von Zettelkatalogen mehrere Zugänge zu den Buchbeständen: Autorenverzeichnis, Standortverzeichnis, Schlagwortverzeichnis und ein Zeitschriftenverzeichnis.

Unter Dr. Baeumker wuchs die Bibliothek stetig, im Januar 1937 umfasste sie etwa 7.500 Bände, 1946, dank geringer Kriegsverluste, 10.500 und 1967, 50 Jahre nach Gründung, etwa 16.500 Bände. Heute, 100 Jahre nach ihrer Gründung, umfasst der Bestand der Missionsbibliothek und katholischen Dokumentationsstelle "mikado" etwa 170.000 Medieneinheiten.

Neben dem Autorenverzeichnis legte Baeumker als Bibliothekar eine umfangreiche Missionskartei an; auf über 10.000 Karteikarten sammelte er Informationen wie Geburtsort, Profess, Priesterweihe, Entsendedatum und Einsatzland zu Priestern und Ordensleuten, die in der Mission tätig waren. Noch heute finden Besucher der Bibliothek über diese Kartei Daten und weitere Hinweise auf ihre (Ur-)Großtante oder ihren (Ur-)Großonkel, die in der Mission tätig waren.

Seit April 1927 erweiterte ein umfangreiches Zeitungsausschnittarchiv, das wie die Bibliothek zum "Schrifttumsreferat" gehörte, die Sammlung und das Angebot des Päpstlichen Werkes der Glaubensverbreitung (wie der Missionsverein seit 1922 hieß). Die Sammlung von relevanten Zeitungsartikeln und vor allem sogenannter "Grauer Literatur" wird bis heute fortgeführt und macht zu einem erheblichen Teil den Wert unserer Bibliothek aus.

Die Benutzung der Bibliothek war nur an Ort und Stelle in Aachen möglich. Nur in "seltenen Ausnahmefällen" wurde ein Werk für kurze Zeit nach auswärts ausgeliehen, "damit die an der Zentrale schriftstellerisch tätigen Herren in der Benutzung der Bibliothek nicht gehindert werden", so Dr. Louis 1925 im "Handbuch der päpstlichen Missionsvereine". Dr. Baeumker bereitete jedoch auch diese Ausleihpraxis Sorgen, wie er 1937 schrieb: "Freilich ist auch die häusliche Ausleihe mir immer ein Problem geblieben, indem zwar bei weitem nicht alle Benutzer, aber doch einige recht sehr zum eigenen, manchmal vielleicht nicht einmal zum eigenen Nutzen entliehene Bücher über Gebühr zurückbehielten". Eine Klage, der wir uns auch 80 Jahre später noch anschließen können. Im Übrigen ist heute die Nutzung der Bibliothek wesentlich einfacher: neben der Einsicht in der Bibliothek können Bücher natürlich ausgeliehen werden, entweder über den kirchlichen Leihverkehr oder durch Bestellung direkt in der Bibliothek.

1917 wurde neben der Missionsbibliothek in der Zentrale am Klosterplatz 8 auch eine "Lichtbilderei" eingerichtet, "den Wünschen zahlreicher Pfarrer" entsprechend, wie es in der "Weltmission" im August 1917 heißt. Auch sie fand binnen kurzer Zeit regen Zuspruch und in der gleichen Ausgabe wird empfohlen: "Bei der großen Nachfrage nach Missionslichtbildern bittet die Zentrale in Aachen […] die hochwürdigen Herren Pfarrer und Vereinsleiter dringend, sich die gewünschten Serien schon jetzt zu sichern". Zur Ausleihe standen Lichtbildserien von meist 60 bis 90 Bildern mit Begleittext, die für den Einsatz auf Missionsveranstaltungen in den Pfarrern gedacht waren. Es gab Lichtbildserien zu einzelnen Missionsländern Afrikas, Asiens, Ozeaniens und Amerikas und zu Themen, etwa "Mission und Caritas", "Die Schule in der Mission", oder auch "Das weibliche Apostolat in der Mission", "Frauenleben im Missionsland".

Missio stellt noch heute für Veranstaltungen Material multimedial zur Verfügung. In der Tradition der "Lichtbilderei" umfasst das missio-Bildarchiv heute eine Sammlung von etwa 400.000 Fotografien vor allem aus Afrika, Asien und Ozeanien. Über die Bild- und Mediendatenbank lassen sich Bilder und Videos zu Projekten in Afrika, Asien und Ozeanien und zu Schwerpunktthemen finden.

Mikado fühlt sich dieser langen Tradition als Missionsbibliothek verpflichtet. Mit dem Wandel zu einem dialogischen Missionsverständnis und der Entwicklung eigenständiger, kontextueller Theologien in den Ortskirchen hat sich aber auch der Charakter der Sammlung verändert. Wurden in der Gründungszeit vor allem die Berichte von Missionaren und Missionswissenschaftlern aus Europa und Nordamerika gesammelt und verzeichnet, sind in der Bibliothek nun Bücher und Zeitschriften aus Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika zu finden. Dort reflektieren Theologinnen und Theologen aus der Sicht ihrer Kontexte und Erfahrungen christlichen Glauben und beziehen Stellung zum Thema Mission und Missionsgeschichte. Die Bibliothek ermöglicht damit die Auseinandersetzung mit neuen, vielleicht ungewohnten Blicken auf den Glauben und gibt die Möglichkeit, neue Theologien aus anderen kulturellen und geschichtlichen Kontexten kennen zu lernen.

Die kleine Ausstellung kann während der Öffnungszeiten der Bibliothek besichtigt werden:

Mo – Do 9 – 12 Uhr und 13 – 16 Uhr, Fr 9 – 12 Uhr und 13 – 15 Uhr.