Wir trauern um Dr. h.c. Karl R. Höller. Er gründete 1971 als Generalsekretär des Internationalen Katholischen Missionswerks missio Aachen (1971-1982) das Missionswissenschaftliche Institut Missio e.V. Dies stand im Zusammenhang mit seiner Neuausrichtung von missio.
Karl Höller arbeitete nicht nur bei missio, er war missio. So nahm er das Bundesverdienstkreuz auch nur nach langem Zögern unter der Bedingung an, dass er es stellvertretend für alle ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden von missio verliehen bekomme. Wir verneigen uns vor einer großen Lebensleistung und einem Visionär weltkirchlicher Solidarität. Karl Höller war ein vorausschauender Stratege, der unsere ethische Verantwortung für die Folgen der Globalisierung schon zu einer Zeit begriff und übernahm, als es dieses Wort noch gar nicht gab. Er war der festen Überzeugung, dass die Verbreitung des Glaubens das Angesicht der Erde menschlicher macht und vielen Menschen hilft für ein „Leben in Fülle“.
Bis Anfang der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts unterstützten die Katholiken in Deutschland mit Schwerpunkt die eigenen Missionarinnen und Missionare. Das blieb weiter wichtig. Karl Höller aber lenkte verstärkt den Blick auf die Kirche vor Ort und deren Bedürfnisse. Er nahm ernst, was den Ordensleuten, Laien, Priestern und Bischöfen aus Afrika, Asien und Ozeanien selbst wichtig war. Mit ihm konnten wir unsere Partner dort dabei begleiten, zu einer einheimischen, selbstbewussten, sozial engagierten und theologisch innovativen Kirche zu werden – von der wir heute übrigens in Deutschland lernen können. Als katholisches Hilfswerk in einer Lerngemeinschaft mit unseren Partnern zu stehen, prägt unsere Arbeit bis heute.
In diesem Sinne begründete Karl Höller auch das Missionswissenschaftliche Institut missio e.V., das jungen Theologinnen und Theologen der Kirche in Afrika, Asien und Ozeanien durch Stipendien eine professionelle Ausbildung ermöglicht, die sie für Leitungsfunktionen befähigt. Es hatte auch die Aufgabe, die jungen Kirchen in Afrika, Asien, und Ozeanien theologisch zu begleiten und die Entwicklung eigenständiger kontextueller Theologien zu dokumentieren. Dies wurde der zentrale Bestandteil der heutigen Bibliothek mikado, der größten Bibliothek ihrer Art weltweit. So war Karl Höller seiner Zeit weit voraus.
Auch der Kirche in Deutschland gab er wichtige Impulse. Zwischen 1972 und 1975 begleitete er die Arbeit der Würzburger Synode der katholischen Kirche in Deutschland. Diese Synode erneuerte das Leben der Kirche in Deutschland, indem es die Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils aufnahm. Er gestaltete dort entscheidend das Papier „Der Beitrag der Katholischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland für Entwicklung und Frieden“ mit. 14 Jahre engagierte sich Karl Höller im Zentralkomitee der deutschen Katholiken.
Karl Höller verkörperte das Ideal eines gebildeten und engagierten Bürgers, der unersetzlich für eine Zivilgesellschaft und Kirche ist, die allen autoritären, fundamentalistischen, anti-demokratischen, nationalistischen und totalitären Versuchungen widersteht. Er studierte Philosophie, Theologie, Ethnologie, Missionswissenschaften, Soziologie, Geschichte und Publizistik. Er war Journalist, weltkirchlicher Macher und zuletzt Mitinhaber einer Marketingagentur, die zahlreiche Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen beraten hat.
Nicht zuletzt war Karl Höller ein Prophet des Dialogs. 2001 hielt er in der Festakademie zum 30-jährigen Bestehen des Missionswissenschaftlichen Institutes missio e.V. die Festrede unter dem Titel „Religionen und Gewalt“. Angesichts des 11. Septembers 2001, dem Flugzeuganschlag auf das World Trade Center in New York, geht er der Frage eines befreundeten Bankiers nach, ob man nicht alle Religionen verbieten sollte, weil sie doch nur Unfrieden brächten. Seine Antwort war damals:
„In der Erbitterung kann man so denken, wenn man aktuelle terroristische Gewalt auf religiöse Ursachen verkürzt. Schon in einem weiteren Denkschritt müsste man darauf kommen, wie eine Welt ohne Religion aussehen würde. Es wäre die Welt der Hitlers und der Stalins. Solange Menschen leben, sind sie immer in Gefahr, selbst das Wertvollste, das ihnen gegeben ist, die Verbindung zur Transzendenz, zu pervertieren. Die Gefahr wächst, je mehr sich Ideologien isolieren und verabsolutieren. Sie sind geringer, je intensiver sie miteinander kommunizieren. Am Abend des 11. September 2001, als alles so sinnlos erschien, war ich wieder einmal dankbar dafür, dass ich zu den Mitbegründern des Missionswissenschaftlichen Institutes gehören durfte – eines lebendigen Organismus des institutionalisierten Dialoges.“
Der Dialog – das wird für uns immer ein Vermächtnis von Karl Höller bleiben.
Wir sind in diesen Tagen der Trauer bei der Familie von Karl Höller. Möge sie Kraft und Zuversicht im Glauben an unseren gütigen Gott finden, der uns trägt.
Wir werden Karl Höller im persönlichen Gebet und bei der Feier der Eucharistie gedenken.