01. September 2016
Der Bund der Barmherzigkeit


Triptychon-Ikone mit Ausschnitt "Bund der Barmherzigkeit"

Maria, die Mutter Gottes, hat einen außergewöhnlichen Platz in der Frömmigkeit der äthiopischen Christen. Das Jahr hindurch werden viele verschiedene Feste zu ihren Ehren gefeiert. Der äthiopisch orthodoxe Kalender kennt Gedenktage, die sich jeden Monat wiederholen. So wird an jedem Tag eines Monats eines Heiligen oder eines Heilsereignisses gedacht. Am 16. Tag jedes äthiopischen Monats gedenkt man des Bundes der Barmherzigkeit.

Diesen Bund hat Jesus mit Maria geschlossen, als er sie nach ihrem Leiden gefragt hatte, die sie durch sein Leiden und seine Kreuzigung erfahren hatte. Quasi als Belohnung für dieses Leiden schließt er diesen Bund der Barmherzigkeit, der jedem die Sünden vergibt, der Ihrer Schmerzen gedenkt und in ihrem Namen eine fromme Tat tut.

Die älteste Überlieferung zu diesem Bund geht auf eine griechische Vorlage zurück nach der Maria Christus preist und deshalb ihr der Bund gewährt wird. Eine weitverbreitete Überlieferung geht über eine französische Übersetzung auf eine lateinische Vorlage zurück. Danach fragt Christus Maria über die Schmerzen, die sie während seiner Passion und seines Todes erfahren hat. Nach einer anderen Überlieferung, die ebenfalls auf eine griechische Vorlage zurückgeht, schließt Christus den Bund mit Maria nach ihrer Himmelfahrt, als sie ihn beschwört, jeden der auch eine noch so kleine gute Tat in ihrem Namen getan hat, vor der Hölle zu bewahren. In der reichhaltigen äthiopischen Überlieferung werden viele Wunder berichtet, die auf dem Bund der Barmherzigkeit zurückgehen. Der Bund der Barmherzigkeit ist in der äthiopischen Kunst häufig abgebildet und Kirchen werden nach ihm benannt.

Wie viele Christen auf ihrer Flucht ihre Hoffnung auf den Beistand Mariens setzen, wissen wir nicht. Aber diese Überlieferung des Bundes der Barmherzigkeit spornt uns Christen an, immer wieder durch gute Taten Menschen in Not beizustehen. Diese Überlieferung zeigt aber auch, in welcher Vielfalt der eine christliche Glaube überliefert wird. Und so können Menschen, die zu uns kommen, neue Perspektiven unseres Glaubens erschließen und Vergessenes mit uns wiederentdecken.